100 Jahre Massenstreik gegen Faschismus und Militarismus

100 Jahre Massenstreik gegen Faschismus und Militarismus

Zum hundertsten Mal jährt sich am 13. März der Putsch der Generale, der die junge Weimarer Republik beseitigen wollte. Die wegen ihrer Mordtaten gegen die Arbeiterbewegung einschlägig bekannten Freikorps marschierten in Berlin ein, setzten den Landschaftsdirektor Kapp als Diktator ein und besetzten die Regierungsgebäude.

Die SPD-geführte Reichsregierung floh nach Stuttgart, hinterließ aber einen Aufruf zum Generalstreik, dem sich die Gewerkschaften und die Parteien der Arbeiterschaft anschlossen. Auch in Berlin wurde den Putschtruppen entschiedener Widerstand entgegengesetzt.

Am Schöneberger Kaiser-Wilhelm-Platz hatte das „Schutzregiment Groß-Berlin“ das alte Schöneberger Rathaus und das Lazarett „Maison de Santé“ besetzt, und eine große Menschenmenge stand den Putschisten gegenüber. Die Soldaten trugen schon damals ein Hakenkreuz auf ihren Stahlhelmen und Militärfahrzeugen. Sie schossen in die Menge und töteten mindestens sieben Menschen. Drei der Opfer wurden unter Anteilnahme einer Massendemonstration auf dem Friedhof in der Eythstraße beigesetzt, wo noch heute ein Gedenkstein daran erinnert.

Der in großer Geschlossenheit durchgeführte Generalstreik schnürte der Putschregierung die Kommunikationswege, die Gefolgschaft und die Finanzen ab – sie saß bei Kerzenschein in der Reichskanzlei und musste nach fünf Tagen aufgeben. Die Hoffnung der Arbeiterschaft, nun den Sozialismus durchsetzen zu können,  erfüllten sich jedoch nicht – die gerettete Reichsregierung setzte hauptsächlich das Militär, das geputscht hatte, gegen sie ein.

Demokratie auf morschem Fundament

Es waren die einfachen Leute und ihre Organisationen, die sich im März 1920 der Reaktion in den Weg stellten. Viele unter ihnen hatten schon 1918/1919 für die Revolution gekämpft, für die Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien und die Demokratisierung von Behörden und Militär.

Statt kaisertreue Beamten zu entlassen und mit den Arbeiter- und Soldatenräten die Demokratie aufzubauen, hatte die SPD-geführte Reichsregierung jedoch die Republikfeinde zum Sockel einer morschen Demokratie gemacht, die nun putschten, als sie sich stark genug fühlten. In ihrem einzigartigen Generalstreik zeigte die Arbeiterschaft, dass sie sich einem Putsch nicht unterwerfen würde.

Wenige Jahre später fanden sich die Putschisten in den Führungspositionen des Nazistaates wieder.

Wie in der Weimarer Republik wurde auch in der BRD die Demokratie mit rechtem Personal aufgebaut. NSDAP-Mitglied Kurt Georg Kiesinger schaffte es bis zum Bundeskanzler,

Hitler-General Adolf Heusinger wurde Generalinspekteur der Bundeswehr und der Generalmajor der Wehrmacht Reinhard Gehlen baute als Generalleutnant der Reserve einen Geheimdienst auf – die Bundesregierung übernahm die „Organisation Gehlen“ als Bundesnachrichtendienst.

Das aufgeflogene „Hannibal“ Netzwerk innerhalb der Bundeswehr wirkt vor diesem Hintergrund fast schon wie Traditionspflege. Ein bundesweites Netzwerk aus ehemaligen Reservisten, Polizisten, Angehörigen von Spezialeinsatzkommandos, Richtern, Verfassungsschutzmitarbeitern bereitet(e) sich auf den Umsturz vor. Über politische Gegner*innen wurden Todeslisten angefertigt. Die Kontakte dieser Struktur reichen bis in die AfD hinein. Das ist nur eines von vielen Beispielen, die die enge Verwobenheit von Teilen des Staatsapparates mit Neonazis belegen.

Zusammen wollen wir am 14. März an den Generalstreik gegen den Kapp-Putsch erinnern. Wir wollen den Mut der Streikenden feiern und ihren schwer erkämpften Sieg. Hunderte von Menschen sind für Demokratie und Sozialismus gefallen. Die wichtigste Botschaft dieses Streiks lautet auch hundert Jahre später noch: Wenn große Teile der Bevölkerung für ihre Interessen zusammenstehen, wenn wir uns nicht spalten lassen, können wir jedem Angriff trotzen.