Die Freiheit in Betrieben und Verwaltungen am 4. März gegen rechts zu demonstrieren

RA Benedikt Hopmann

Es sind die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter in Betrieben und  Verwaltungen, die das in die Hand nehmen müssen. In manchen Betrieben und Verwaltungen haben sie Vertrauensleute gewählt. Häufig werden Betriebsräte ihren ‚Betriebsratshut‘ ab – und Ihren ‚Gewerkschaftshut‘ aufsetzen und dann in dieser Funktion die Beschäftigten am kommenden Mittwoch zur Arbeitsniederlegung aufrufen: Am Tag der Trauerfeier der Stadt Hanau, um 11:50 Uhr.

Wenn die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter einen solchen Beschluss gefasst haben, werden sie in der Regel den Arbeitgeber auffordern, diese Initiative zu unterstützen.  Unterstützt der Arbeitgeber diese Initiative, wird es häufig leichter sein, die Beschäftigten zur Teilnahme zu mobilisieren. 

Was aber, wenn der Arbeitgeber die Unterstützung ablehnt, zum Beispiel weil er mit der AfD sympathisiert? 

Dann sollten die Beschäftigten trotzdem dazu aufgerufen werden, die Arbeit niederzulegen. Der Vorschlag der IG Metall Hanau-Fulda schließt diese Möglichkeit nicht aus. 

Wir dürfen nicht auf eine Arbeitsniederlegung am Tag der Trauerfeier  verzichten, weil  der Arbeitgeber diese Arbeitsniederlegung nicht will, zum Beispiel weil er Anhänger der AfD ist. Ein Verzicht aus diesem Grund wäre der Tod der  Meinungsfreiheit in einem sehr wichtigen Moment.

Es geht um die Meinungsfreiheit der Beschäftigten gegen rechte Gewalt und gegen diejenigen, die ihr den Weg bereiten. Zu diesem Zweck in den Betrieben und Verwaltungen die Arbeit ruhen  lassen, darf nicht von der Zustimmung des Arbeitgebers abhängig gemacht werden.

Das Bundesverfassungsgericht drückt es so aus: »Die Meinungsfreiheit (…) gilt als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit und als eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt. (…) Wird die Versammlungsfreiheit als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe  verstanden, kann für sie nichts grundsätzlich anderes gelten. (…) Indem der Demonstrant seine Meinung in physischer Präsenz, in voller Öffentlichkeit und ohne Zwischenschaltung von Medien kundgibt, entfaltet auch er seine Persönlichkeit in unmittelbarer Weise (…) das Recht, sich ungehindert und ohne besondere Erlaubnis mit anderen zu versammeln, galt seit jeher als Zeichen der Freiheit, Unabhängigkeit und Mündigkeit des selbstbewussten Bürgers«.[1]

Hinter den Eingängen in die Betriebe und Verwaltungen darf mit dieser »Freiheit, Unabhängigkeit und Mündigkeit des selbstbewussten Bürgers« nicht Schluss sein. Freiheit nur in der Freizeit ist keine Freiheit. Lassen wir uns an einem Tag wie dem kommenden Mittwoch in den Betrieben und Verwaltungen den Mund verbieten lassen, sind wir Untertanen. Ein Mensch, der am  kommenden Mittwoch am Arbeitsplatz als Untertan handelt, kann auch abends, wenn er diesen Arbeitsplatz verlässt, keine mündiger und selbstbewusster Bürger sein. Nur wenn wir als abhängig Beschäftigte am kommenden Mittwoch  gemeinsam gegen rechte Gewalt und die Wegbereiter dieser Gewalt demonstrieren, sind wir nicht Knechte, sind wir nicht Mägde, sind wir keine Untertanen.

Wir erinnern daran, dass sich die Gewerkschaften nie ihr Recht auf Meinungsfreiheit in Betrieben und Verwaltungen haben nehmen lassen. Wir erinnern u.a.

  • an die Proteststreiks in der Zeit vom 25. bis 27.5.1972 wegen des Misstrauensvotums der CDU/CSU Bundestagsfraktion gegen Bundeskanzler Willy Brandt, an denen ca. 1000.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilnahmen;
  • an die „fünf Mahnminuten für den Frieden“, zu denen DGB und IG Metall am 5.10.1983 wegen der Stationierung von US Raketen aufriefen; an diesem Tag ruhte in vielen Betrieben die Arbeit von 11:55 bis 12:00 Uhr,  und
  • an die Jahren 2000 und 2007, als es zu Arbeitsniederlegungen aus Protest gegen die Rente mit 67 kam; diese Protest beruhten nicht auf einem gewerkschaftlichen Aufruf, wurden aber in den Betrieben von den Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern organisiert.  

Samstag, den 29. Februar 2020

Benedikt Hopmann

Rechtsanwalt


[1]                                                              BVerfG v. 14.5.1985 Brockdorf 1 BvR 233, 341/81 Rn. 64, 62   

Arbeitsniederlegungen gegen rechts!

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Wir, das Team von AWO Refugium Freudstrasse ( Berlin-Mitte) setzen mit dieser Aktion ein Zeichen gegen die Rechtsentwicklung in unseren Land. Wir bringen damit unsere Wut und Trauer über die rechten Mord/Terroranschläge zum Ausdruck und positionieren uns eindeutig gegenüber unseren Bewohnerinnen (und Nachbarinnen)

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Foto: S. Kätsch https://awo-mitte.de/gefluechtet-asyl/refugium-freudstrasse/

Beschäftigte im Botanischen Garten (s. Foto) und anderswo drückten ihre Trauer und Entschlossenheit aus, dem rassistischen und menschen verachtenden Hass entgegenzutreten. weiterlesen hier

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Foto: ver.di Betriebsgruppe FU Berlin und der Gesamtpersonalrat der FU


An alle, die die Petition unterstützt haben!

vielen Dank für die Unterstützung der Petition, die den Gewerkschaften vorschlug, am Tag der Trauerfeier in Hanau um 11:50 Uhr für 10 Minuten die Arbeit niederzulgen. Bemerkenswert die Vielzahl und Ernsthaftigkeit der Kommentare, die deutlich gemacht haben, dass es auch Ihnen um ein sehr wichtiges Anliegen geht.

Die Koordination, die diese Homepage betreibt, nennt sich „Die unvollendete Revolution 1918/19“. An dieser Koordination sind Initiativen, Organisationen und auch zahlreiche Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter beteiligt. Sie bildete sich im Jahr 2018 zur Vorbereitung des 100. Jahrestages der Revolution 1918/19. Wir glauben, dass die Erinnerung an diese Revolution eine größere Bedeutung in unserem Geschichtsbewusstsein haben sollte. Der wichtigste Nationalfeiertag in Frankreich ist der 14. Juli, der Tag des Sturms auf die Bastille. In  Deutschland ist dagegen Nationalfeiertag der Tag der Einheit, also der Tag, an dem die größte Privatisierungswelle begann, die Deutschland je erlebt hat.

Die Revolution 1918/19 war nicht nur die Geburtsstunde der ersten Republik, sondern hatte auch viele Forderungen zum Ziel die bis heute nicht durchgesetzt werden konnten, so die Forderungen nach Sozialisierung, Entmilitarisierung und Demokratisierung auch in der Wirtschaft und in den Betrieben. Wir halten diese Forderungen immer noch für aktuell: Siehe unsere gemeinsame Erklärung die von über 70 Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern unterschrieben wurde: https://1918unvollendet.org/unsere-gemeinsame-erklaerung/ Daher sprechen wir von einer unvollendeten Revolution und haben auch der Koordination diesen Namen gegeben.

Mit zahlreichen kleineren und größeren Veranstaltungen haben wir u.a. zusammen mit der VVN/VdA, Antifa-Initiativen, der Initiative „Gedenk- und Geschichtsort Januaraufstand“ und der Galerie Olga Benario an den 100. Jahrestag des Generalstreiks  gegen den Kapp-Lüttwitz Putsch am 14. März 2020 erinnert: https://1918unvollendet.org/. In diesen Veranstaltungen thematisierten wir zugleich den rechten Terror heute und dessen Wegbereiter. Am 14. März 2020 selbst haben wir zu einer öffentlichen Kundgebung in Berlin Schöneberg aufgerufen. Die Erinnerung an diesen Generalstreik ist deswegen so wichtig, weil er zeigt, welche Macht die Beschäftigten durch gemeinsames Handeln in den Betrieben und Verwaltungen entfalten können.

Als uns die Nachricht von den 10 Morden in Hanau erreichte, waren wir davon überzeugt, dass es notwendig und möglich ist, in den Betrieben und Verwaltungen ein Zeichen gegen den rechten Terror und ihre Wegbereiter zu setzen. Deswegen starteten wir zwei Petitionen, die sich an unterschiedliche Adressatenkreise richteten.

Diese Petitionen haben mit Eure Unterstützung eine große Wirkung erreicht. Arbeitsniederlegungen bzw. Gedenkminuten am Mittwoch, den 4. März um 11:50 Uhr wurden unterstützt von:

der IG Metall Hanau-Fulda
dem Gesamtbetriebsrat der Daimler AG
den Bezirke Mitte, Baden-Württemberg und Küste der IG Metall
dem DGB Hessen-Thüringen
Ver.di Hessen
ver.di Berlin- Brandenburg
der IG Metall Berlin
bundesweit der GEW
der IG BCE für ihre Mitgelider in Hessen und Thüringen

Weitere Infos zu unseren Petitionen und Unterstützer*Innen, hier weiterlesen.

Hanau 19.02.2020


Unser Aufruf an die Gewerkschaften!

Kapp-Putsch März 1920 – Abwehrkämpfe in Berlin und anderswo

Mittwoch 11. März 2020 19 Uhr

Klaus Gietinger:

Kapp-Putsch März 1920 –

Abwehrkämpfe in Berlin und anderswo

Galerie Olga Benario, Richardstr. 104, Berlin-Neukölln

Pünktlich zum 100. Jahrestag rollt Klaus Gietinger die Geschichte des Militärputsches und der Abwehrkämpfe neu auf, liefert kaum bekannte Fakten.

Ein wichtiges, vergessenes Kapitel deutscher Geschichte: Der Versailler Vertrag verlangte die Reduzierung der Reichswehr und die Auflösung der konterrevolutionären Freikorps. Weiterlesen