Vom “Volkseigentum” zur Treuhand

Diskussion zum betrieblichen Widerstand in der DDR 1989/91

mit Bernd Gehrke und Sebastian Gerhardt

 

Der “Herbst ’89” fand nicht nur auf der Straße und im Fernsehen statt.

In einer ganzen Reihe von Betrieben setzten sich die Belegschaften für demokratische Interessenvertretungen ein, für Betriebsräte, oder machten über Gewerkschaftsorganisationen ihren Einfluss geltend. Doch welchen Umfang, welche Formen und welche Bedeutung für die politische Gesamtentwicklung der DDR hatte der Aufbruch in den Betrieben? War es ein Aufbruch zur sozialistischen Aneignung der Betriebe durch die “unmittelbaren ProduzentInnen”, wie viele Linke hofften, oder wurde es ein “Griff nach der Notbremse” (Walter Benjamin) – ging es darum, angesichts unübersehbarer Veränderungen wenigstens einen Fuß in die Tür zu kriegen?

 

Die Rahmenbedingungen der betrieblichen Konflikte änderten sich mit Währungsunion, Treuhandanstalt und Wiedervereinigung radikal. Das Gegenüber war nicht mehr die Betriebs- und Politbürokratie, sondern das Kapital und die Bundesregierung. Doch die Belegschaften und die Aktiven hatten sich noch nicht geändert.

Sie versuchten jetzt, in neuen Konflikten und vor allem im Kampf mit der Treuhandanstalt Wege zum wirtschaftlichen Überleben von Betrieben und Belegschaften zu finden. Welches Ausmaß und welche Formen hatte der Kampf gegen die Privatisierungs- und Deindustrialisierungspolitik der Treuhandanstalt? Und: Weshalb wurde dieser Kampf verloren? Gibt es Lehren, die heute wichtig sind?

 

  1. Februar 2020, 19 Uhr

Mediengalerie, Dudenstraße 10, Berlin 10965

 

Walter Benjamin:

“Marx sagt, die Revolutionen sind die Lokomotive der Geschichte. Aber

vielleicht ist dem gänzlich anders. Vielleicht sind die Revolutionen der Griff

des in diesem Zuge reisenden Menschengeschlechts nach der Notbremse.”

 

(Aus den Notizen zu “Über den Begriff der Geschichte”)